Donnerstag, 6. November 2008

Die Weltreisenden machen Pause...

...weil das Reisebudget aufgebraucht wurde und weil sie natuerlich auch schon ein wenig neugierig auf zuhause sind :-)
Aus diesem Grund erlauben wir euch bekanntgeben zu duerfen, dass wir am Freitag, den 19. Dezember 2008 planmaessig um 19:35 Uhr am Flugafen Wien Schwechat landen und nach 572(!) Reisetagen wieder oesterreichischen Boden betreten werden.
Um auf dem guenstigsten Weg nach Wien zu gelangen, muessen wir einen ziemlichen Flugmarathon absolvieren. Wir fliegen von Bogota mit Iberia nach Madrid. Von Madrid gehts mit Lufthansa nach Muenchen und im Anschluss mit Austrian Airlines (Flugnummer OS 116) nach Wien.
Urspruenglich wollten wir die Strecke Madrid - Wien mit "Spanair" fliegen. Diese Fluggesellschaft stellte aber nach ihrem Absturz in Madrid vor ein paar Monaten die Wienfluege ein, daher also die umstaendliche Variante ueber Muenchen.
Ueber ein Flughafenabholservice wuerden wir uns natuerlich freuen, aber es soll sich niemand wegen uns Stress machen. Es wird in den Wochen und Monaten nach unserer Heimkehr genug Moeglichkeiten fuer Begruessungen geben.

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Montag, 27. Oktober 2008

Karibische (Alb-)Traueme

Wir liessen uns die Gelegenheit nicht entgehen, um die VenezuelanerInnen, die uns bisher eher unfreundlich und ruede im Umgang miteinander und mit den Touristen vorkamen, naeher kennenzulernen. Was eignet sich hierzu besser als Couchsurfing?
Wir verbrachten also nach unserem Besuch des "Angel Fall" noch eine Nacht in Ciudad Bolívar, um dann mit dem Nachtbus in die 700 000 Einwohnerstadt Maracay, ca. 1 1/2 Autostunden westlich von der venezoelanischen Hauptstadt Caracas gelegen, zu fahren. Dort empfing uns schon um acht Uhr morgens der 28-jaehrige José Luis. Er wohnt gemeinsam mit seiner Mutter und seinem juengeren Bruder in einer Wohnung nahe dem Zentrum von Maracay. Dort angekommen durften wir sein gesamtes Zimmer in Anspruch nehmen (inkl. PC). Er hingegen schlief waehrend unseres Aufenthaltes im Zimmer seines Bruders und der wiederum musste ins Schlafzimmer der Mutter ausweichen! Wo gibt´s das?
Kaum haben wir uns ausgebreitet, wurden wir auch schon bewirtet mit selbstgemachten Fruchtsaeften und den landestypischen "Arepas", das sind gebratene oder frittierte handtellergrosse Laibchen aus Maisgriess. Diese Arepas werden dann mit allerlei pikanten Sachen gefuellt, wie zum Beispiel Kaese, Schinken, Fleisch, Eierspeise u.s.w. Von ein bis zwei Arepas ist man so voll, dass man fuer den Rest des Tages kein Essen mehr braucht!
Wir waren verbluefft von dieser (Gast)Freundlichkeit. Die Leute auf der Gasse waren so anders...
Gleich am Ankunftstag lernten wir noch zwei andere befreundete Couchsurfer von José kennen: Awi, eine 23-jaehrige Psychologin, und Rafael, 29, der eine vierjaehrige (!) Reise rund um die Welt per Autostopp plant!

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Avi, Roland, Rafael, Angela, Ursula

Tags darauf fuehren wir mit José, der sich freigenommen hat, in das zwei Stunden entfernte Staedtchen "Colonia Tovar". Es zaehlt nun ca. 14 000 Einwohner und wurde 1843 von 358 ausgewanderten Deutschen aus dem Schwarzwald gegruendet. Die Nachfahren dieser Auswanderer lebten lange Zeit unter sich, erhielt Colonia Tovar doch erst um 1960 eine Asphaltstrasse. Die Menschen leben dort vom Obst- und Gemueseanbau (1800 - 2000m ue. d. M), neuerdings auch vom Tourismus. Die Haeuser sind im typischen Fachwerksstil gebaut und man kann in den Resaturants und Cafes Bratwuerstel mit Sauerkraut und Schwarzwaelderkirschtorte essen. Da haben wir uns natuerlich nicht zweimal bitten lassen!

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mit José Luis beim Bratwuerstelessen
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ach ja, den haben wir auch entdeckt...

Am naechsten Tag war Freitag und wir verabredeten uns vormittags mit Rafael, der mittlerweile die Couchsurferin Angela aus Berlin in Empfang genommen hat, am Busbahnhof. Zu fuenft fuhren wir die Serpentinenstrasse hinauf durch Venezuelas aeltesten Nationalpark "Henri Pittier", der unzerstoerten Regenwald aufweist. Dann gings ebenso Serpentinen hinunter an die karibische Kueste, genauer in die Doerfer Choroní bzw. Puerto Columbia, die sich beide in die gruenen Kuestentaeler schmiegen.

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unser Gefaehrt an den Strand (inkl. 1A Soundanlage)

Wir bezogen unseren Schlafsaal in einer Posada mit deutscher Fuehrung, um wenige Minuten spaeter am Weg zum Strand zu sein. Dabei machten wir es den Venezuelanern nach und deckten uns mit ausreichend alkoholischen Getraenken und Eis ein. Rafael brachte eine Kuehltasche mit, in welcher wir Bier und selbstgemachten Kakaolikoer aufbewahrten. Wir blieben insgesamt bis Sonntag mittags in Choroní und haetten es dort bestimmt laenger ausgehalten, doch José musste am Montag wieder arbeiten und wir wollten sein Schlafzimmer wieder raeumen. Es war ein sehr lustiges, feuchtfroehliches Wochenende, in welchem wir uns im sehr sauberen karibischen Meer erfrischen, den milden venezuelanischen Rum und eine Reihe neuer Leute (Belgier, Briten, Deutsche) kennenlernen konnten.

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Strand in Choroní
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Spass in der Posada

In der Nacht von Sonntag auf Montag uebernachteten wir ungeplant gemeinsam mit Angela bei Rafael und konnten so seine Familie und deren Gastfreundschaft auch noch kennenlernen.
Montags fuhren wir mit halben Gepaeck (einen Teil liessen wir bei Rafael zurueck) und dem geborgten Zelt von Rafael nach Caracas. Die Fahrt dorthin nahm statt 1 1/2 Stunden fast vier Stunden in Anspruch. Wir gelangeten in einen ausgewachsenen Verkehrsstau, so etwas haben wir noch nie gesehen! Unser Ziel war eigentlich der Flughafen von Caracas, der ausserhalb der Stadt und bereits am Meer liegt. Wir wollten so um 13 Uhr dort ankommen um noch Flugtickets auf die Inselgruppe "Los Roques" zu ergattern. Gluecklicherweise kamen wir trotz Stau zur geplanten Zeit am Flughafen an und es gab auch noch freie Plaetze fuer den gewuenschten Flug.
"Los Roques", das aus 42 Inseln und unzaehligen Sandbaenken besteht und sich 170 km noerdlich der venezoelanischen Kueste im karabischen Meer befindet, stellten wir uns als den wahrgewordenen karibischen Traum vor. Wir fanden schon vor geraumer Zeit heraus, dass campieren im Zelt auf einigen Inseln gratis moeglich ist. Das war unser Plan: Eine Woche Robinson zu spielen und so den Touristenstroemen und den teuren Posadas zu entkommen. Klar, es wuerde Verzicht auf Komfort bedeuten,aber wir vertrauten darauf, dass die karibischen Straende uns fuer gewisse Entbehrungen entschaedigen wuerden...
Der Flug nach Los Roques in einem 8-Sitzer war angenehm. Auf der Hauptinsel angelangt, holten wir uns sofort die Camping- erlaubnis bei den Nationalparkwaertern. Wir erfuhren dabei, dass noch insgesamt vier Leute ihr Glueck im Zelt versuchten.
Die erste Nacht verbrachten wir noch auf der Hauptinsel (Gran Roque) - und welche Freude - wir trafen auf Felicity (Australien) und Natalie (Deutschland), zwei befreundete reisende Aerztinnen, die gemeinsam fuer 5 Monate durch Suedamerika unterwegs sind. Wir haben sie schon am Schiff am Amazonas getroffen, weiters am Roraima, beim Salto Angel und nun hier! Sie verbrachten auch fuenf Tage im karibischen Paradies, allerdings leisteten sie sich eine Unterkunft. Beide schwaermten sie uns vor, vergassen aber nicht die laestigen Sandfliegen und Moskitos zu erwaehnen. Nun gut, wir hatten ja genuegend Repellens mit...
Am darauffolgenden Tag liessen wir uns gleich zeitlich in der Fruehe auf eine kleine Nebeninsel mit dem Namen Francisqui bringen. Wir verbrachten einen herrlichen Tag auf gleissend weissen Straenden und in unglaublich klarem, tuerkisem Wasser! Ein Traum auf Erden!

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ohne Worte

Tagsueber wurden auch ein paar Tagestouristen auf die Insel gebracht, doch die wurden dann gegen vier Uhr nachmittags wieder abgeholt und wir lachten uns ins Faeustchen, denn wir durften hierbleiben, die ganze Insel nur fuer uns zwei - wie romantisch!
Das Lachen verging uns aber so gegen drei/vier Uhr morgens: Ploetzlich wurden wir beide aus dem Schlaf geweckt, denn der gesamte Koerper fing ploetzlich zu jucken an. Was war los?
Ein Blick mit der Stirnlampe liess uns erstarren: Im Zelt wimmelte es vor klitzekleinen Sandfliegen (hier "Puri-Puris" genannt). Die Biester konnten durch die engen Maschen des Zeltnetzes durchkrabbeln!!! Schlimmer konnte es nicht kommen! Wir waren verzweifelt! Schlimm genug, dass einem Moskitos und Sandfliegen untertags zeitweise das Leben schwer machten (das Repellens half uebrigens nur bedingt). Aber wenn nun das Zelt keine Rueckzugsnoeglichkeit mehr bietet, was soll man da tun? Es war zum Haareraufen!
Sobald die Sonne aufgegangen war fluechteten wir uns ins Meer, der einzige Ort, wo man vor den Peinigern sicher war. Aber man kann sich doch nicht den ganzen Tag im Wasser aufhalten?!? Fieberhaft ueberlegten wir, was wir tun koennten.
Der Tag Schritt voran und wir mussten zu unserem Leidwesen erkennen, dass auch ploetzlich, quasi ueber Nacht, die Moskitos und Sandfliegen an Zahl rasant zugenommen haben. Man war vor ihnen fast nirgends mehr sicher. An Erhohlung war nicht mehr zu denken!
Mit viel Zaehneknirschen kamen wir zu dem Entschluss, dass wir im wahrsten Sinne des Wortes unser(e) Zelt(e) abbrechen muessen. Eine weitere Nacht im Zelt unter diesen Bedingungen haetten wir beim besten Willen nicht asugehalten! Nicht einmal einer, der wirklich hart im Nehmen ist, kann diesen Blutsaugern standhalten. Mittlerweile schauten wir schon aus als, ob wir Masern haetten, total zerstochen!
Also organisierten wir uns eine fruehere Abholung von der Insel und zurueck auf der Hauptinsel buchten wir unsern Rueckflug auf ein frueheres Datum um (schluchz)! Wir leisteten uns fuer zwei Naechte eine Zimmer und machten am daruffolgenden Tag noch einen Versuch, das Archipel mittels Tagesausflug zu erkunden. Doch auch auf anderen Nebeninseln mussten wir erschreckend feststellen: Es wimmelt von Moskitos und Sandfliegen! Bei aller Schoenheit des Meeres und der Straende, aber diese Viecher koennen einem saemtlichen Genuss vermiessen! Wir hoerten uns um und fanden uns in unserer Vermutung bestaetigt, dass der juengst vorbeiziehende Hurrican "Omar" durch die vielen Regenfaelle auch ideale Lebensbedingungen fuer diese miserablen Insekten schuf.
Aus sieben Tagen Aufenthalt auf Los Roques wurden also "nur" drei Tage. Klar, besser als nichts, aber wir waren schon gehoerig enttaeuscht. So schoen hatten wir uns alles vorgestellt -nichts ist daraus geworden!
Wieder am Festland angekommen fuhern wir schnurstraks zu Rafaels Haus, gaben das Zelt zurueck, packten unsere restlichen Sachen und fuhren noch in der selben Nacht weiter nach Westen in die Oelstadt Maracaibo und von dort am naechsten Tag gleich im Anschluss an die kolumbianische Grenze.
Nachdem unsere mitgebrachten Devisen zur Neige gingen und uns die venezoelanischen Llanos (aehnlich den bolivianischen Pampas) und die venezoelanische Andenregion im Moment weniger reizten beschlossen wir, frueher als geplant, nach Kolumbien zu wechseln, ganz nach dem Motto: Neues Land, neues Glueck!

Dienstag, 14. Oktober 2008

República Bolivariana Venezuela - Von Wasserfaellen und Tafelbergen

Nach ganzen 407 Tagen Aufenthalt auf der Suedhalbkugel ueberschritten wir bei unserer Nachtbusfahrt zwischen Manaus und Boa Vista wieder den Aequator. Einige Stunden spaeter hatten wir unsere Einreisestempel von den venezuelanischen Grenzbeamten erhalten und unser erstes Ziel, das kleine Dorf Santa Elena, erreicht. Viele Horrorgeschichten wurden uns berichtet bezueglich der Einreise nach Venezuela, von wegen Visa und Touristenkartenaustellung bzw. dem Verbot der Mitnahme von Fremdwaehrung, im Endeffekt ging alles problemlos und auch unsere zuvor in Manaus gewechselten Dollar konnten wir problemlos ins Land bringen. Am Tag darauf fuhren wir sogar nochmals ueber die Gren-ze zur brasilianischen Bank um uns dort Real zu besorgen. Ohne Fremdwaehrung ist Venezuela ein ziemlich teures Reiseland (das einzig guenstige ist Sprit und somit der Transport), da seit einiger der Zeit der Venezuelanische Bolivar in einem staatlich kontrollierten fixen Wechselkurs zum Dollar (1 zu 2,15) bzw. Euro (1 zu 3,15) steht. Am sogenannten Blackmarket in "privaten" Wechsel-stuben oder auf der Strasse bekommt man aber fuer einen Dollar zirka 3,7 Bolivares und fuer einen Euro fast 5 Bolivares, aehnliches gillt fuer den brasilianischen Real. Man "gewinnt" sozusagen mit ein paar Wechseltricks mindestens 1/3 seines Reisebudgets. Am Anfang alles sehr verwirrend, aber mittlerweile wissen wir uns zu helfen :-)
Venezuela ist rund dreimal so gross wie Deutschland und landschaftlich unglaublich vielfaeltig: Karibikstraende, Regenwald und Andengipfel bis 5000m Hoehe gibt es hier zu besichtigen, leider sind sich viele dieses touristischen Potenzials nicht bewusst. Ungefaehr 85% der 27 Millionen Einwohner leben in den staedtischen Gebieten im Norden des Landes.
In Venezuela hat auch Christoph Kolumbus zum ersten Mal suedamerikanischen Boden betreten, spaeter wurde es unter dem Befreiunskaempfer Simon Bolivar unabhaengig. Wie soviele Laender Lateinamerikas erlebte auch Venezuela eine dunkle Phase der Militaerdiktatur. Trotz der hohen Erdoeleinnahmen kam es spaeter in den Zeiten der Demokratie zu immer hoeherer Auslandsverschuldung und anhaltenden Wirtschaftskrisen. Korruption und Veruntreuung durch die politischen Eliten stand an der Tagesordnung. Am 6. Dezember 1998 wurde, nach zwei zuvor versuchter misslungener Putschversuche, Hugo Chávez in freien Wahlen offiziell mit 56% der Stimmen vom venezuelanischen Volk zum Praesidenten gewaehlt. Seitdem wurde er mehrmals im Amt bestaetigt. Mit einer neu ausgearbeiteten "Bolivarischen Verfassung" soll die sogenannte "Bolivarische Revolution" oder der Sozialismus des 21. Jahrhunderts umgesetzt werden. Chávez ist sicherlich international und national zurecht umstritten, hat aber gerade bei der verarmten Bevoelkerung grossen Rueckhalt und einige durchschlagende Erfolge vorzuweisen. So ist Venezuela heute schuldenfrei und im Rahmen der sogeannten Misiónes werden Alphabetisierungskampagnen, ein kostenloses Schulsystem, flaechendeckende kostenlose medizinische Versorgung und vieles mehr organisiert und ausgebaut. Eine enge Zusammenarbeit herrscht wirtschaftlich und politisch mit Kuba, Nicaragua, Bolivien, Ecuador und Argentinien und gemeinsam versucht man sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen anstatt sich von den USA die Politik vorschreiben zu lassen. Eines der groessten Probleme im Land ist aber die Kriminalitaet, so hat Venezuela im Jahr 2007 laut UNO-Angaben die weltweit hoechste Rate an Verbrechen mit Schusswaffengebrauch.
Auch aufgrund dieser Tatsache und weil die meisten Staedte hier ohnehin nicht so interessant sind, werden wir diese eher meiden und unsere Zeit den vielen Nationalparks widmen. Zum Beginn also war unser Ziel das Gebiet der Gran Sabana und der Nationalpark Canaima. Die Gras- und Tafelberglandschaft Gran Sabana ist ein riesiges Hochplateau an der Grenze zu Brasilien und Guyana und weist zerklueftete Taeler mit gewaltigen Tafelbergen auf. Diese werden von den indigenen Penoms als Tepuis bezeichnet. Um die 100 Tepuis gibt es in dieser Region und diese Tafelberge sind die aeltesten Berge der Welt und in den Zeiten der Kontinentalverschiebung zwischen Afrika und Suedamerika entstanden. Den hoechsten dieser Tafelberge den Roraima-Tepui mit 2.810m wollten wir im Rahmen einer 6-Tage Trekkingtour besteigen.
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Quebrada de Jaspe (Jaspisschlucht)

Nach langen Verhandlungen und der Erkenntnis, dass die Touren in Venezuela ganz schoen teuer sind, haben wir uns fuer das billigste Angebot entschlossen. Das hiess in unserem Fall kein Porter(Traeger), kein Koch und alles selber schleppen! Dafuer haben wir aber nur den halben Preis bezahlt. Gemeinsam mit David, einem Spanier (Katalanen), machten wir uns also auf in den Supermarkt, um fuer die naechsten 6 Tage nicht verhungern zu muessen. Die Ausruestung wie Zelt, Matten und Kerosinkocher konnten wir uns ausleihen. Die Ausruestung war uebrigens unter jeder Kritik, die Isomatten haette man bei uns bestenfalls zum Abdecken der Windschutzscheiben verwendet und der Kocher schien beinahe alle paar Tage zu explodieren. Auch die beiden Guides waren lustig ausgesucht, der eine ein 60-jaehriger Venezuelaner, der nur Spanisch sprach und der andere ein 18-jaehriger Guyaner nur mit Englischkenntnissen, Kommunikation untereinander beinahe unmoeglich. Den Rest der Gruppe bildeten ein britisch/suedafrikanisches Paar und zwei Studentinnen aus Slowenien. Die beiden mussten wir aus verschiedensten Gruenden, auf die wir hier nicht naeher eingehen zu wollen, in unsere Liste der 10 schrecklichsten Personen, die wir auf dieser Reise getroffen haben, einordnen. Die ersten beiden Tage gings im stetigen Auf und Ab durch wunderschoene Grashuegellandschaft, immer das Roraima-Massiv vor Augen. Mehrere Baeche mussten wir dabei ueberqueren und wir merkten auch bald, dass es nach 3 Monaten Nichtstun bei Sonne, Strand und Caipirinha, mit unserer Kondition nicht mehr so wei her ist. Hundemuede und geschlaucht fielen wir jeden Tag in unser Zelt, aber zum Glueck wurde mit jeder Mahlzeit unser zu schleppendes Gewicht weniger. Am Tag 3 folgte dann der lange und steile Aufstieg auf das Gipfelplateau und zwei Naechte verbrachten wir oben. Eine einzigartige Landschaft praesentierte sich uns, teilweise sah es aus wie auf einem anderen Planeten. In etwa 80% der Organismen am Roraima sind endemisch, d.h. die vorkommenden Tier- und Pflanzenarten kommen nur hier und nirgendwo anders auf der Welt vor! Sofern die Wolken sich lichteten hatten wir auch eine traumhafte Sicht ueber die umliegende Landschaft. Die ansaessigen Indianer versuchten uebrigens nie den Roraima-Tepui zu erklimmen und erst im Jahre 1884 gelang einem Briten die Erstbesteigung. Heute besuchen ungefaehr 3000 Leute jaehrlich den Tafelberg.
Der Abstieg war dann weniger lustig, aber schlussendlich erreichten wir doch noch den Ausgangspunkt unserer Tour und konnten uns um unsere blauen Zehennaegel und Blasen kuemmern. Obwohl es sich auf jeden Fall rentiert hat, entschieden wir, dass dies definitiv unser letzter Mehrtagestrek auf dieser Reise war!
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am Weg zum Roraima

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natuerliche Schwimmbecken am Berg und Quarzkristallstrand

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David ganz nahe am Abgrund!

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am Bergplateau angelangt

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Skorpion und Spinne am Berg; tote Klapperschlange vorm Camp (vom Guide getoetet)

Nach einem Tag Verschnaufpause in Santa Elena fuhren wir am naechsten Tag weiter in die Stadt Ciudad Bolivar am Ufer des maechtigen Orinoco gelegen. Ausser einem gut erhaltenen kolonialem Zentrum gibt es in der Stadt weiter nichts interessantes zu besichtigen und so ging es bereits am naechsten Tag weiter in Richtung des weltberuehmten Angel Fall (Salto Angel).
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Da es dorthin aber keine Strassen gibt, kommt man in die Region aber nur auf dem Luftweg. In unserem Fall war das eine 6-sitzige Maschine des Typs Cessna, Baujahr 1982! Ein ganz anderes Fluggefuehl als in einem herkoemmlichen grossen Flugzeug, aber wir waren auch ganz froh wieder heil unten angekommen zu sein.
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Das Flugzeug brachte uns in die indigene Ortschaft Canaima, die an der Lagune Canaima liegt und wo sich die meisten Camps befinden. Mehrere Wasserfaelle sind in der Lagune zu bestaunen, der intersannteste ist vielleicht der Salto Sapo. Ein Wasserfall, bei dem man zwischen einer Felswand und einem unglaublichen "Wasservorhang" hinten durchgehen kann. Da die Fluesse derzeit sehr viel Wasser fuehren, blieben wir dabei aber zur Belustigung der Guides nicht trocken.
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Weiter zum Salto Angel fuhren wir noch zirka 3 Stunden flussaufwaerts mit einem motorbetriebenen Einbaumboot, um unmittelbar unterhalb des Wasserfalls unsere Plaetze in der Haengematte einzunehmen. Nach gutem Grillhendel gingen wir frueh zu Bett und naechsten Tag bereits um 6 Uhr Frueh los direkt zum Wasserfall. Gigantisch diese Wassermassen, die da runterfallen und auch schwierig zum Fotografieren, da man von der Gischt voellig nass wird. Der Salto Angel stuerzt sich uebrigens auch von einem Tafelberg und soll mit einer Fallhoehe von 978m der hoechste der Erde sein. Benannt ist der Wasserfall uebrigens nach dem amerikanischen Buschpiloten Jimmy Angel, der im Jahr 1937 eine Bruchlandung auf dem Hochplateau fabrizierte und dem erst nach 11 Tagen ein Abstieg ins naechstgelegene Indiodorf gelang, wo er gerettet wurde. Das Flugzeug wurde uebrigens erst im Jahre 1970 in Einzelteilen vom Tafelberg geholt und anschliessend wieder zusammengebaut und ist heute am Flughafen in Ciudad Bolivar zu besichtigen.
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Indiomaedchen

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verschiedene Perspektiven auf den "Salto Angel"

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verdiente Staerkung und Erholung

Montag, 29. September 2008

Am Amazonas in der Haengematte

Schon des Busfahrens ueberdruessig leisteten wir uns von Sao Luis nach Belém, unserer naechsten Destination, einen Flug.
Diese 1,3 Millionen Einwohner zaehlende Metropole liegt suedlich des Amazonasdeltas und ist neben Manaus, dem Stadtrivalen, einer der bedeutendsten Staedte der Region Amazonien.
Wir wurden nach unserem einstuendigen Flug abgeholt, naemlich vom Couchsurfer Wagner (Vorname) Meier (Nachname), 24 Jahre alt, und seinem Vater Werner Meier. Ja, ihr habt richtig gelesen, die Familie hiess wirklich Meier. Die Urgrosseltern von Herrn Meier sind naemlich, wie so viele andere Deutsche, Mitte des 19. Jahrhunderts nach Brasilien ausgewandert, wo sie sich allerdings hauptsaechlich im Sueden des Landes ansiedelten. (Da gibt´s sogar ein in Brasilien sehr bekanntes Oktoberfest, das dort jaehrlich in der Stadt "Blumenau" veranstaltet wird!)
Die Familie Meier uebersiedelte vor zehn Jahren hierher in die tropische Schwuele Belems, weil Vater Meier ein gutes Jobangebot bekam.
In der neuen Fordlimousine wurden wir in die Wohnung in zentraler Lage kutschiert, wo schon Frau Luise Meier mit dem Mittagessen, vom Hausmaedchen zubereitet, wartete. Alle Familienmitglieder sind berufstaetig, aber es ist hier ueblich lange Mittagspausen zu halten. Daher kommen immer alle nach Hause zum Essen und zum Siesta halten. So kamen wir auch gleich in den Genuss der typisch brasilianischen Hausmannskost: Reis und Bohnen, dazu Fleisch, Fisch oder Gefluegel. Familie Meier war sehr grosszuegig und so kam es, dass wir jeden Tag mit ihnen zu Mittag assen, jeden Tag Reis und Bohnen in verschiedenen Varianten.
Es war auch eine der wenigen Moeglichkeiten mit Wagner zu plaudern, denn er war waehrend der Woche leider mit Arbeit und anschliessender Abenduni sehr beschaeftigt.
Mit unserem jungen Gastgeber unterhielten wir uns in englisch, mit Herrn Meier haupsaechlich in deutsch. Er hatte seine helle Freude daran, seine ziemlich guten Deutschkenntnisse an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Er trank auch gerne Bier und fuehrte uns zweimal zum Biertrinken aus. Ueberhaupt taugte ihm die deutschsprachige Kultur, das ging so weit, dass er im Auto "Kastelruther Spatzen" auflegte. Wir konnten uns ein breites Grinsen nicht verkneifen :-) Wir beschaeftigten uns in Belem aber natuerlich nicht nur mit der Familie Meier.
Der Aufenthalt war auch von viel organisatorischer Taetigkeit gepraegt. Organisation, die sich hauptsaechlich im Internet abspielte, und wobei wir auch dank Wagners Grosszuegigkeit Kosten sparen konnten, denn wir durften den PC des juengeren Bruders (momentan in Australien) verwenden. Ausserdem mussten wir uns auch um unsere Schiffsfahrkahrte kuemmern, denn von Belem aus startete ja unsere mehrtaegige Amazonasschiffahrt flussaufwaerts, die in Manaus enden sollte. Fuer diese Reise besorgten wir auch noch Haengematten, in denen wir am offenen Deck des Schiffes schlafen wollten.
Zwischen all diesen Besorgungen wollten wir die Sehens-wuerdigkeiten Belems natuerlich auch nicht zu kurz kommen lassen. Herausragendes historisches Gebaeude ist das Theater "La Paz", aus dem Jahre 1878, prunkvoller Beweis einstigen Reichtums, der von der Kautschukgewinnung herruehrte.
Dann gibt es noch die alten Befestigungsanlagen, einige schoene Kirchen und nicht zu vergessen den Ver-o-Peso (woertlich: "Schau auf´s Gewicht") Fisch-und Gemuesemarkt, der uns, wie bei jedem Markt, mit seinem Treiben und seinen Geruechen in den Bann zog.
Uebrigens wird Belem auch die Stadt der Mangobaeume gennannt. Witzig haben wir gefunden, dass es eine eigene Autervericherung auf "Mangofallobstschaeden"gibt.
In den fuenf Tagen hatten wir auch Gelegenheit einige besondere Spaezialiataeten der Region kennenzulernen: Unseren staendigen Durst aufgrund der schweisstreibenden drueckenden Schwuele loeschten wir mit Agua de Coco (= Kokosnusswasser). So eine Kokussnuss gab´s an jedem Strasseneck um maximal 80 Eurocent. Rehydriert ideal. Dann gabs da noch Açaí (sprich: Assa-i). Das ist Fruchtfleisch und Saft der Beeren der Kohlpalme. Es kann als Eis oder Saft vezehrt werden und ist unheimlich energetisch. Man ist dann wirklich voll nach Açaí. Und es schmeckt sehr lecker, wir konnten schwer einen Vergleich mit bekannten Geschmaeckern herstellen. Farblich erinnert´s auf alle Faelle an Heidelbeer-Brombeermus.
Ausserdem erfuhren wir auch, dass die Cashewnuss aus Brasilien kommt und eigentlich gar keine Nuss im eigentlichen Sinn ist. Und man kann auch den fleischigen gelbroetlichen Teil der Cashew (= brasilian.:Cajú) als Obst essen. Seltene exotische Fruechte gibt es hier, die kennt nicht mal so mancher Brasilianer beim Namen! Und der Grossteil stammt eben aus dem an Naturschaetzen reichen Regenwald.
An einem Abend waren wir bei Couchsurfer Luis und seiner Freundin Ursula eingeladen. Die beiden waren sehr nett und servierten uns ein ebenfalls sehr eigenartiges Gericht, das sich Maniçoba (sprich: Manisoba) nannte. Es war Fleisch in wie Spinat oder Kohl anmutendem Gemuese. Es handelte sich aber um die tagelang gekochten Blaetter der Maniokpflanze. Das ueberlange Kochen ist notwendig, um die enthaltene Blausaeure herauszubekommen! Geschmeckt hat´s fantastisch und wir haben auch keine gesundheitlichen Schaeden davongetragen!
Und aufs Geburtstagsfeiern haben wir natuerlich auch nicht verzichtet. Wir organisierten ein Treffen mit Couchsurfern und unseren britischen Freunden. Es war ein sehr lustiger und gelungener Abend in einem Bierlokal am Amazonasufer.

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Fischerhafen in Belem

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Roland beim Kokosnuss schluerfen

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Açai

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Cashew-Frucht

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Ver-o-Peso Markt

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Geburtstagsrunde

Am 19.9. war es dann soweit: Nachdem wir schon fruehmorgens unsere Haengematten an einer geeigneten Stelle am Schiff angebracht hatten mussten wir dann am Nachmittag bei neuerlichem Betreten des Schiffs feststellen, dass man uns umgehaengt hat und dass zu unserem Entsetzten die Haengematten nach unserem Geschmack viel zu dicht positioniert waren. Geahnt haben wir es ja eh schon im Vorhinein, dass dies keine Luxuskreuzfahrt werden wuerde, spaetestens zum Zeitpunkt des Auslaufens aus dem Hafen war dies Gewissheit. Der Kreutzer war eindeutig ueberladen und auch nicht mehr der neueste. Aber was solls, wir mussten uns arrangieren und so richteten wir uns mehr schlecht als recht zwischen all den Gepaecksstuecken, Menschen und Haengematten ein. Das Schlafen in Haengematten will auch gelernt sein, bis man eine geeignete Liegeposition gefunden hat, dauerte es eine Weile und der/die NachbarIn bekam dabei immer ein paar Boxhiebe ab. Aber umgekehrt mussten wir genauso unsere Rempler einstecken. Roli bekam Platzangst, das liegen Hintern an Hintern behagte ihm nicht sonderlich, und er fluechtete ans Baroberdeck, wo er dann alleine schlief.
Die Zeit tagsueber verging mit essen, lesen, doesen, reden und Gegend beobachten. Es war ein bisschen mit der Reise in der Transsib zu vergleichen, nur dass die Transsib eine Luxusreise im Vergleich dazu war. Am ersten Tag passierten wir noch verhaeltnismaessig enge Wasserwege, man konnte das Ufer genau beobachten und darauf intakten Regenwald erkennen. Immer wieder tauchten einfachste Holzhuetten mit Steg zum Fluss hin auf, hier lebten die Fischerfamilien. Ihr Fortbewegungsmittel war das Kanu, das schon die kleinsten Kinder lenken konnten. Die waren so geschickt, dass sie es schafften unser Schiff in voller Fahrt zu entern, um ihre mitgebrachten Waren zu verkaufen. Wir fetteten so unser Mittagsmahl auf, indem wir Shrimps und Palmherzen (eingelegtes Inneres des Stammes der Kohlpalme, schmeckt ein bisschen wie Artischocken) kauften.
Am zweiten Tag gelangten wir dan auf den Hauptstrom des Amazonas. Dieser Fluss ist gewaltig! Dadurch, dass wir ja gegen die Stroemung fuhren, hielt sich der Kapitaen immer am Ufer entlang. Das Gegenueberliegende konnten wir so fast nicht mehr ausmachen, man fuehlt sich fast wie am Meer, so breit ist der Strom! An manchen Stellen zwischen 15 und 20 Kilometer!
Die Landschaft am Ufer veraenderte sich flussaufwaerts und der Regenwald war schon abgeholzt und musste den Rinderherden weichen.

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Haengemattenidylle

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Frachtschiffe

Auf halber Strecke ungefaehr gingen wir in der Stadt Santarém an Land. Dort hielten wir uns aber nicht auf, sondern fuhren weiter in den benachbarten Ort Alter do Chao. Dieser wurde uns als ideal zum Entspannen empfohlen, da er schoene Flussstraende aufweisen wuerde. Und wirklich: Der kleine Ort war sehr verschlafen. Eine Bucht des Amazonaszuflusses Rio Tapajó wurde vom Haupstrom durch eine sandige Halbinsel abgetrennt, sodass der Eindruck entstand, dass man es mit einem See zu tun hat. Wir knuepften unsere Haengematten an einen knorrigen Baum am Stand und genossen nach dem lauten Durcheinander am Schiff die Ruhe und unseren Lesestoff.

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An den unmoeglichsten Orten trifft man auch die unmoeglichsten Menschen: Wir kamen ins Gespraech mit einem gut sechzigjaehrigen marrokanischstaemmigen Franzosen, der auf deutsch viele interessante Geschichten zu erzaehlen wusste und der uns anfangs glaubwuerdig zu verstehen gab, dass er eine Hotelkette in Marokko besaesse, er es aber vorzog, ein einfaches und mehr abenteuerliches Leben zu fuehren. Die Begegnung mit ihm endete so, dass er uns eine Geschichte auftischte, die besagte, dass er aufgrund abhandengekommener Bankkarten keine Moeglichkeit besaesse zu Geld zu gelangen. Spaetestens dann wurde die Sache suspekt. Nachdem es sich um keinen geringen Geldbetrag handelte, entschieden wir uns ihm nicht mehr zu vertrauen, und ihm kein Geld zu leihen, ob seine Geschichten nun stimmten oder nicht.
Froh, diesen Typen endlich abgehaengt zu haben, bestiegen wir wieder das Schiff um endlich nach Manaus zu gelangen. Diesmal erwischten wir ein besser gewartetes, was aber nicht bedeutete, dass wir bessere Bedingungen zum Schlafen vorfanden. Wir hatten den Eindruck, dass wir noch enger beisammenlagen als am letzten Schiff. Der folgende Reiseabschnitt dauerte weniger lang als der erste. Nach insgesamt vier Tagen und fuenf Naechten am Schiff kamen wir in Manaus, der Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas mit 1,7 Mio. Einwohnern, an. Wir legten also 1700 km am Wasserweg zurueck. Obwohl es, wie schon erwaehnt, keine sehr komfortable Reise war, bereuten wir es keine Minute nicht geflogen zu sein. Das Schiff ist DAS Transportmittel schlechthin in Amazonien. Wir bekamen dadurch den besten Einblick in das alltaegliche Leben der Menschen, die in dieser Region wohnten. Nur so bekamen wir eine Idee ueber die unglaubliche Laenge des Amazonas, der an die 10 000 Nebenfluesse aufweist. Es wuerde nochmal eine knappe Woche Fahrtzeit bis zur peruanischen Grenze beanspruchen! Wir erinnerten uns auch an unseren Peruaufenthalt, wo wir in Arequipa schon ganz in der Naehe von einem der Urspruenge des Amazonas waren. Unfassbar!
Die Ausdehnung des Regenwaldes konnten wir nur erahnen. Fluss und Wald stellen zweifelsohne ein einzigartiges schuetzenswertes Oekosystem dar!
In Manaus wollten wir nicht viel Zeit verbringen. Aus touristischer Sicht hat die Stadt nicht sehr viel zu bieten. Es gelang uns, ein klassisches Konzert, vorgetragen vom Kammerorchester Amazonia, im "Teatro Amazonia" zu besuchen. Wie in Belem wurde dieses in der "Gummiaera" Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und ist sehr prachtvoll.
Nachdem das Geschaeft mit dem Kautschuk ab 1910 nicht mehr lief, verfiel die Stadt. Erst die 1957 eingefuehrte Freihandelszone gab der Wirschaft den noetigen Aufschwung. Heute sind in Manaus bekannte Firmen der chemischen und technischen Industie ansaessig.
Die Stadt liegt am Rio Negro, nicht am Amazonas selbst. Die beiden Fluesse haben unterschiedliche Wassereigenschaften, die auffallendste ist die unterschiedliche Farbe. Der Amazonas ist kaffebraun ,der Rio Negro, wie der Name schon sagt, schwarz. Erst nach ungefaehr 11 Kilometern vermischt sich das Wasser, vorher fliessen sie als schwarz und braun nebeneinander her!

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Hafengelaende in Manaus

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Teatro Amazonas

So viele uns vorher nicht gekannte Dinge hat Brasilien zu bieten. Dieses Land war voller Neuem fuer uns. Drei Monate war nicht zu viel Zeit, um dieses faszinierende Land voller (sozialer) Gegenaetze ein wenig naeher kennenzulernen.

Aber: "Heute ist nicht aller Tage, wir kommen wieder, keine Frage."
Einstweilen ruft fuer´s naechste Abenteuer Venezuela.

Mittwoch, 17. September 2008

Wo die "Wueste" auf´s Meer trifft oder : Vom Winde verweht

Dank eines Anschlussfluges in Recife fanden wir uns 4 Stunden nach unserem Abflug aus Fernando de Noronha in Fortaleza ein. Von vornherein hatten wir keinen Aufenthalt in dieser 2,5 Milllionen-Einwohner-Stadt geplant (brasilianische Grossstaedte haben wir schon genug gesehen!), daher entschieden wir uns fuer eine sofortige Weiterfahrt in das vier Autostunden entfernete Kuestendorf Jericoacoara. Dieser Flecken Erde hatte es in den letzten Jahren durch die guten Bedingungen fuer Wind- und Kitesurfen zu einer beachtlichen Bekanntheit gebracht, Surfprofis aus aller Welt "ueberwintern" hier. Keine Frage also, dass wir uns persoenlich vom beruehmten Flair ueberzeugen wollten. Haken an der Sache ist nur, dass "Jeri" ziemlich entlegen liegt und man nur mit Allradgefaehrt dorthin kommt, da die Gegend rundum sehr versandet ist. Wir leisteten uns also naechtens einen doch ziemlich kostspieligen privaten Transport nach Jeri mit dem Ergebnis, dass wir so gegen 3 Uhr morgens dort ankamen. Das war gerade die Zeit wo die ersten Partytiger nach Hause ins Bett wankten. Um 3 Uhr morgens kann man natuerlich in keiner Unterkunft einchecken - es blieb uns daher nichts anderes uebrig als uns die Zeit mit ein paar Bierchen an der guenstigsten Ortsbar bis zum Morgengrauen zu vertreiben. Den Sonnenaufgang beobachteten wir so gegen 5:30 auf der riesigen Sandduene, gleich vor der Ortschaft.

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"Hausduene" von Jeri

Gegen 7:00 Uhr getrauten wir uns bei unserer Gastgeberin Ingrid (eine deutschsprachige Brasilianerin, die eine Pousada betreibt) anzulaeuten. Sie schaute ein wenig verdutzt, war aber so lieb und liess uns rein, obwohl wir sie sichtlich ueberrumpelt haben!
Wir blieben fuenf Tage in Jericoacoara, obwohl wir keine Ambitionen hatten das Wind- oder Kitesurfen zu erlernen (Anfaenegerkurse waren uns schlicht und einfach zu teuer) und obwohl das Meer fuers Baden nicht sonderlich einladend war, weil durch den staendigen heftigen Wind zu aufgepeitscht.

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Blieb als weitere Verlockung das beruehmte Nachtleben, selbst das haben wir verschlafen! Aus irgendeinem Grund haben wir einen sehr verlangsamten Rhythmus gehabt und die Anziehungskraft der Haengematten auf Ingrids Veranda war einfach zu gross. Einmal habe ich, Ursi, alleine einen zweistuendigen Ausritt gemacht, ueber die angrenzenden Huegel und Duenen und zurueck nach Jeri am Strand entlang. Das war supergenial, ich bin mir vorgekommen wie Winnetou und Lawrence von Arabien in einer Person!

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Einen vollen Tag verbrachten wir bei einem Ausflug in die naehere Umgebung auf einem sog. "Buggy" (= Minijeep). Die Tour brachte uns an Mangrovengebiet vorbei, wo wir Gelegenheit hatten Seepferdchen von naechster Naehe zu beobachten, in einer Suesswasserlagune zu baden und gegrillen Fisch und Garnelen zu speisen.

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Zur Routine wurde uns das Beobachten des fruehabendlichen Treibens am Strand kurz vor dem Sonnenuntergang: Wo sich tagsueber aufgund der sengenden Hitze nur die Surfer herumtrieben, versammelte sich so ab 16:00 Uhr fast das ganze Dorf. Capoeirataenzer uebten allabentlich ihre akrobatischen Tanzschritte und jedesmal fand eine regelrechte Voelkerwanderung auf die "Hausduene" statt, um von dort den Sonnenuntergang gegen 17:30 zu beobachten. Es gab immer heftigen Applaus, wenn der glutrote Ball im Meer versank, eine brasilianische Eigenheit, die uns anfangs etwas seltsam vorkam, spaeter klatschten wir aber auch fleissig Beifall ;-)

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Danach ging´s schnurstraks zu den sogenannten "Baracas", fahrbare Verkaufsstaende, die alle Arten von Cocktails feilboten. Bei dem Angebot von einem Caipirinha um bloss einen Euro konnten wir ja nicht nein sagen. An diesen einfachen mobilen Bars der Einheimischen haben wir auch einige unserer besten Caipirinhas ganz Brasiliens getrunken. Mit dem Zuckerrohrschnaps wird auch nicht gespart, es handelte sich immer um mindestens die doppelte Menge Schnaps, wenn nicht die dreifache Menge - Portionierer kennen die keinen, alles wird nach Gefuehl gemischt.

Unser weiteres Ziel war es, ins 700 km weiter westlich gelegene Sao Luis zu gelangen. Wir wollten den Weg an der Kueste entlang nehmen, denn auf der Strecke gab´s den Nationalpark "Lençois Maranhenses" (sprich: Lenzois Maranjenses) zu besichtigen. Das Unternehmen gestaltete sich ein wenig abenteurlich, da wir kaum vernuenftige Information ueber "oeffentlichen" und somit guenstigen Transport bekamen. Es waere ein leichtes gewesen wieder einen privaten Chauffeur im 4WD anzuheuern, doch die Preise dafuer waren horrend. Zu guterletzt fanden wir aber doch noch eine Moeglichkeit zumindest bis in einen Ort, der knapp vor dem Eingang zum Nationalpark liegt, zu kommen. Das ganze Unterfangen nahm zwei Tage Fahrtzeit (also einmal zwischendurch uebernachten) in Anspruch, wir mussten insgesamt viermal umsteigen. Die Reise gestaltete sich aber als kurzweilig, da wir nicht die einzigen Touristen waren, die diesen Weg waehlten: Ein Paar aus England hatte das selbe Ziel vor Augen und so kam es, dass wir mit Nick und Hannah fuer die naechsten Tage zusammen reisten. Ausserdem kreuzten unsere Wege immer wieder eine bunt zusammengewuerfelten Reisegruppe (Briten, Aussies, Kiwis, ein Russe, Deutsche), mit der wir auch so unseren Spass hatten (Stichwort: Gruppendynamik und Gruppendruck).
Es war es wert, die Strapazen (bruetenden Hitze und stundenlanges Hocken in rumpelnden Gelaendewaegen) auf uns zu nehmen, denn dieser Nationalpark "Lençois Maranhenses" (woertlich uebersetzt: Leintuecher von Maranhão; letzteres ist der Name des Bundesstaates in dem sich der NP befindet) beherbergte eine Landschaft, die wir noch nie wo zu Gesicht bekamen.
Auf 1550 km² ertreckt sich ein riesiges Gebiet mit Duenen, geformt aus feinstem, fast weissem Sand. Mit Fantasie erkennt man ein grosses Leintuch, das sich ueber die Erde breitet und seine Falten wirft. Unterbrochen wird das gleissende Weiss von glitzernd blauen Farbtupfern, den Suesswasserlagunen, von denen es nach der Regenperiode an die 5000 in verschiedenen Groessen gibt. Viele trocknen im Laufe der Zeit aus und es bleiben nur ein paar wenige ueber, die fuehrten aber noch ausreichend Wasser, als wir den Park besuchten, um darin ein erfrischendes Bad zu nehmen.

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Einerseits bekommt man beim Besuch dieser bizarren Gegend den Eindruck von groesstmoeglicher Trockenheit, auf der anderen Seite, nur wenige Kilometer vom NP entfernt, schlaengeln sich Fluesse, teilweise so breit wie die Donau, gesaeumt vom frischesten tropischen Gruen durch die Landschaft um in den Atlantik zu muenden.
Zu guterletzt erreichten wir die Stadt Sao Luis mit einer knappen Million Einwohner. Immer noch reisten wir mit unseren britischen Freunden gemeinsam und die "seltsame" Gruppe, ueber die wir immer mehr pikante Details in Erfahrung brachten, schaffte es auch bis Sao Luis. Gemeinsames Auskosten des Nachtlebens war also vorprogrammiert, noch dazu wo dieser Stadt der Ruf als als Reggaehauptstadt Brasiliens vorauseilt. Sonst faellt in Sao Luis wieder einmal der Einfluss der Portugiesen auf die Architektur auf. Das historische Zentrum ist eigentlich zu einem Touristen-ghetto verkommen, viele der urspruenglich herrschaftlichen Haeuser, dekoriert mit den typischen portugiesischen Fliesen, rotten vor sich hin.

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eines der seltenen renovierten Haeuser

Das noch tragischere an der Sache ist, dass in diesen Abrisshaeusern noch Menschen leben. Ein Streifzug durch die Altstadt zeigte uns diese erschuetternde Wirklichkeit. Unter hygienisch bedenklichsten Bedingungen hausen in den Ruinen die armen Leute, uebelster Geruch schlug uns entgegen, schon zu Mittag waren viele der Bewohner nicht mehr Herr ihrer Sinne, sichtlich zugedroehnt mit Alkohol oder sonstigen Drogen. Einfach schrecklich und schlimm mit anzusehen! Die grassierende Armut ist eine der unschoenen Seiten Brasiliens, die wir nicht ausblenden koennen, dagegen nehmen sich andere negative Ereignisse wie Rolands wahrscheinlich gestohlene Sonnenbrille oder eierlegende Parasiten (Sandfloehe) in unseren Fusssohlen harmlos aus!

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