Sonntag, 4. Mai 2008

Bolivien - Der Schrecken von Potosi

Sechs Stunden im Bus in einer Hoehe zwischen 4000 und 5000m brachten uns von Uyuni nach Potosi. Die Stadt ist vor allem aufgrund zweier Tatsachen bekannt: Zum ersten gilt Potosi mit einer Hoehe von 4.060m und zirka 160.000 EInwohnern als die hoechstgelegene Grossstadt der Welt und zum zweiten befindet sich dort der Cerro Rico (=reicher Berg), der eine 500 jaehrige Geschichte voll Leid, Ausbeutung und Unterdrueckung darstellt. Bereits unter den Inkas wurde dort mit dem Silberabbau begonnen. Als die Spanier 1545 die Stadt eroberten, errichteten sie in Potosi die groesste und bedeutendste Silberabbaustaette in der Geschichte des gesamten spanischen Imperiums. Auch die Muenzpraegung wurde vor Ort in der Casa de la Moneda (=Haus des Geldes) vorgenommen. Die Silberminen wurden vor allem mit Hilfe indianischer Zwangsarbeiter und schwarzafrikanischer Sklaven ausgebeutet und der Reichtum in die ganze Welt (vor allem Europa) verschifft, mit dem Silber von Potosi wurde der Aufstieg Europas finanziert. Potosi galt bereits um 1611 als eine der groessten Staedte der Welt und immer mehr Leute wurden herangekarrt, auf der Suche nach schnellem Geld. Unter unglaublichen Bedingungen mussten die Arbeiter in den Bergwerken schuften und zu tausenden kamen sie dabei um, vor allem aufgrund der ungewohnten Hoehe, Krankheiten oder Unfaellen. Der uruguayanische Schriftsteller Eduardo Galeano beziffert die Anzahl der zu Tode gekommenen in seinem Buch "DIe offenen Adern Lateinamerikas" mit bis zu 8 Millionen!
Heute ist es mit dem reinen Silberabbau laengst vorbei und der Cerro Rico ist durchloechert wie ein schweizer Kaese. Nocb immer sind aber zahlreiche Erze und Konglomerate im Berg vorhanden und noch heute arbeiten bis zu 15.000 Menschen taeglich unter Tage, darunter auch um die 700 Kinder (obwohl Kinderarbeit in Bolivien offiziell verboten ist)! Pro Tag stirbt im Schnitt ein Minenarbeiter, 70% an Staublunge, 30% an Unfaellen und trotzdem zieht der Berg die vielen Armen aus der Umgebung magisch an, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, oft die einzige Moeglichkeit. Der Preis einer Lebenserwartung von nur 45 Jahren wird dabei vielfach in Kauf genommen. Heute sind die Minenarbeiter "selbstaendig" in Kooperativen organisiert und Arbeiten auf eigene Rechnung. Gummistiefel, Ausruestung, Dynamit usw. muessen sie selbst kaufen, das Material, das sie aus dem Berg herausholen verkaufen sie an die 42 weiterverarbeitenden Fabriken, die den groesseren Profit einstreifen und in denen ebenfalls Zustaende herrschen wie bei uns in Oesterreich im vorigen Jahrhundert. Uebrigens 60% dieser Firmen sind im Besitz internationaler Konzerne (USA, Australien, Europa,...) und so nimmt die Ausbeutung seinen Lauf.
Wir haben uns im Rahmen einer Minentour mit eigenen Augen von diesem Schrecken ueberzeugt und waren nach nur 2 Stunden ohne Sonnenlicht mehr als froh wieder aus dem Berg heraussen zu sein. Temperaturen bis zu 45 Grad und Gaenge, in denen man oft nicht einmal aufrecht stehen konnte, die Schaechte nur behelfsmaessig mit Holzpfosten "abgesichert"! In Europa wuerde man niemanden, weder Arbeiter noch Touristen, in so einen Stollen reinlassen. Unglaublich, dass es solche Zustaende im 21. Jhd. noch gibt!
Neben all dieser Schrecklichkeiten gibt es daneben aber auch noch eine ganz normale Stadt, in der gelebt wird. Das Zentrum Potosis verfuegt ueber ein sehr gut erhaltenes koloniales Zentrum und einen tollen Lebensmittelmarkt. Wir blieben 4 Tage, besuchten auch zweimal das ungeheizte oertliche Kino mit Jacke, Handschuhen und Haube bei geschaetzten 5 Grad Raumtemperatur und lernten in unserem Hostel ein nettes Paar aus Schottland kennen. Die beiden Reisen uebrigens 2 Jahre mit dem Fahrrad um die Welt!
Naechste Station in Bolivien wird Sucre, auf 2800m gelegen, und hoffentlich etwas waermer.
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